Die Autonomiephase, die unpassender Weise oft auch Trotzphase genannt wird, ist ein wichtiger Lebensabschnitt für unsere Kinder und gleichzeitig ein sehr herausfordernder für uns Eltern. Die für die Autonomiephase typischen Wutanfälle bzw. mag ich das Wort Gefühlsstürme lieber, weil es wertschätzender beschreibt, was in den kleinen Menschen vor sich geht, kennen wir Eltern alle oder werden sie (kleiner Spoiler für die Baby-Eltern unter uns) noch kennen lernen.
In diesem Blogbeitrag erfährst du mehr über die Ursache von kindlichen Wutausbrüchen und wie du positiv auf sie reagieren kannst, um eine gesunde Beziehung zu deinem Kind aufzubauen und dein Kind und dich sicher und liebevoll durch die Autonomiephase zu begleiten.
Die Autonomiephase: eine wichtige Entwicklungsstufe für Kinder
In der Autonomiephase beginnen unsere Kinder, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und ihre Umgebung selbstständig zu erkunden. Sie ist ein großer Schritt in Richtung Selbstständigkeit und Unabhängigkeit von uns Eltern. Unsere Kinder entdecken ihren eigenen Willen und verteidigen diesen mit aller Kraft.
Und das ist auch gut so, denn aus Sicht der evolutionären Verhaltensforschung ist das ist ein wichtiger Entwicklungsschritt: Sie beginnen, ihre eigene Persönlichkeit zu entwickeln und ihre Gefühle zu entdecken. Sie beginnen, sich aus dem Einheitsempfinden mit ihrer engsten Bezugsperson zu lösen und stellen fest, dass sie eigene Bedürfnisse, Gedanken und Gefühle haben können.
Unsere Kinder möchten immer mehr Dinge „Selber!“ oder „Alleine!“ tun. Klappt das noch nicht, da sie physisch und kognitiv zu manchen Dingen noch nicht in der Lage sind und somit ihr Wollen von ihrem Können abweicht, ist das häufig frustrierend für sie. In dieser Zeit entdecken sie ebenfalls, dass sich auch ihre Wünsche und Vorstellungen nicht immer mit denen anderer Menschen decken und werden von grossen Gefühlen wie Frust, Verzweiflung, Trauer, Angst und Wut überschwemmt.
Da sie ihre Gefühle noch nicht allein regulieren können, sind sie dabei auf unsere Hilfe angewiesen. Wir können Worte für ihre Gefühle finden und ihnen Strategien an die Hand geben, mit diesen Gefühlen umzugehen. Unsere Kinder sind auf diese Art der Co-Regulation durch uns angewiesen. Als Eltern ist es wichtig, diese Phase zu verstehen und das Verhalten unseres Kindes nicht als persönlichen Angriff gegen uns zu sehen. Kindliche Wut ein Ausdruck von Frustration und Überforderung – und kein Zeichen für schlechtes Benehmen oder Respektlosigkeit.
Unser Kind braucht Raum und Zeit, um sich selbst kennen zu lernen und seine Fähigkeiten zu erweitern und uns, um es dabei liebevoll zu begleiten und ihm zu helfen, mit seinen Gefühlen umzugehen. Denn indem wir unserem Kind zeigen, dass wir seine Gefühle ernst nehmen und ihm dabei helfen, eine angemessene Art der Emotionsregulation zu finden, geben wir ihm die Werkzeuge an die Hand, die es braucht, um einen gesunden Umgang mit seinen Gefühlen zu finden. Eine achtsame Herangehensweise im Umgang mit kindlicher Wut trägt dazu bei, dass unser Kind lernt, sich selbst besser zu regulieren und seine Emotionen besser zu verstehen.
Gefühle sind echt! Warum es wichtig ist, sie ernst zu nehmen.
Häufig ist die Autonomiephase eine große Herausforderung für uns Eltern. Oft haben wir als Kind selbst nicht gelernt, unsere Gefühle fühlen zu dürfen (vor allem nicht die als „negativ“ angesehenen) und gesunde Strategien zu deren Regulierung zu entwickeln.
Da ist es kein Wunder, dass ein „trotziges Kleinkind“ uns Eltern plötzlich völlig aus der Bahn werfen kann und es nahe liegt, dass wir die Schuld dafür auch noch beim Kind suchen. Wir haben es nicht anders gelernt. Wir sind völlig überfordert, wenn plötzlich zusammen mit einem kindlichen Wutanfall unangenehme Gefühle über uns hereinbrechen, von denen wir vielleicht noch nicht einmal wissen, woher sie auf einmal kommen.
Dabei ist Wut (egal ob bei Kleinkind oder Erwachsenem) eine wertvolle Anzeige für ein unerfülltes Bedürfnis, für eine Grenze, die überschritten wurde, für etwas, wo wir genauer hinschauen dürfen. Unser Kind setzt seine Gefühlsstürme niemals bewusst oder manipulativ gegen uns ein, es ist in Not uns benötigt unsere Hilfe. Es kann seine Gefühle und Emotionen überhaupt nicht bewusst kontrollieren oder manipulieren, dazu ist sein Gehirn rein kognitiv gar nicht in der Lage. Wir sind der sichere Hafen unseres Kindes, der Ort, wo es sich zeigen darf, wie es ist, wie es sich fühlt.
Wenn wir die kindliche Wut ignorieren oder abwerten, fühlt sich unser Kind nicht verstanden und kann das Vertrauen in uns als Bezugsperson verlieren. Wir sollten also aufrichtig versuchen, das Verhalten unseres Kindes zu verstehen und ihm liebevoll zur Seite stehen, achtsam sein und auf die Bedürfnisse unseres Kindes eingehen.
Typische Situationen nach der Kita, wo das Kind beim Abholen wütend in sich zusammen bricht sind kein Ausdruck der Manipulation, das Kind ist schlicht und ergreifend erschöpft, müde vom Kooperieren und du bist der vertraute Ort, die vertraute Person, bei der es sich fallen lassen kann. Das kann für uns Eltern ganz schön herausfordernd sein, gleichzeitig ist aber auch eine Liebeserklärung an uns (auch wenn es sich manchmal so ganz und gar nicht danach anfühlt!)
Zum Glück gibt es auch für uns Eltern Hoffnung, denn auch im Erwachsenenalter können wir noch lernen, unsere eigenen Gefühle und Emotionen aufzuschlüsseln und entsprechende Strategien zu entwickeln, mit ihnen umzugehen. Sind wir darin geübt, können wir die Beziehung zu unserem Kind stärken, indem wir es auch in herausfordernden Situationen mitfühlend begleiten können und wir seine Gefühle anerkennen und aushalten lernen.
Wie kannst du dein Kind liebevoll durch die Wut begleiten?
Kinder sind oft noch nicht in der Lage, ihre Emotionen verbal auszudrücken, vor allem dann nicht, wenn diese gerade besonders stark sind. Daher drücken sie ihre Emotionen oft durch Körpersprache und/ oder Verhaltensweisen aus. Dies hilft ihnen, ihre Gefühle zu regulieren und mitzuteilen und ist Teil ihrer normalen Entwicklung.
Während eines Wutanfalls ist der kognitive (der rational und logisch denkende) Teil des Gehirns nahezu ausgeschaltet. Wir können reden und erklären, es wird nicht beim Kind ankommen, dazu ist sein Gehirn gerade einfach noch nicht in der Lage. Wenn in diesem Fall nun ausschließlich der emotionale Teil des Gehirns aktiv ist, haben wir damit aber eine andere Möglichkeit, unser Kind in seiner Not zu begleiten. Denn unsere Stimmlage und unsere Körpersprache kommen auch während eines Wutanfalls im kindlichen Gehirn an.
Was kannst du also tun?
Selbstregulation (beruhige dich selbst, atme, nimm deine eigenen Gefühle wahr, versuche, deine Umgebung auszublenden, wenn dir die Reaktionen von anderen unangenehm sind) vor Co-Regulation:
Begleite dein Kind in seinem Gefühlssturm. Gehe auf Augenhöhe, zeige Verständnis, durch Worte UND Körperhaltung, benenne die Gefühle deines Kindes, bleibe bei ihm: wenn es dich wegschickt, rücke immer ein wenig weiter von ihm weg, aber gehe nie ganz weg bzw. signalisiere ihm immer, dass du da bist, wenn es dich braucht. Es braucht dich, damit es seine Gefühle gesund zu regulieren lernt, also um eigene Strategien zu entwicklen, um mit seinen unterschiedlichen Emotionen umzugehen. Indem wir Menschen lernen, unsere Emotionen zu regulieren, können wir gesündere, stabilere Beziehungen aufbauen, bessere Entscheidungen treffen und effektiver auf Herausforderungen und Stresssituationen reagieren.
Beruhige dich zu aller erst selbst, atme tief in den Bauch (länger aus als ein), versuche die Situation anzunehmen, wie sie gerade ist, versuche, deine Umgebung auszublenden und bewusst mit deiner Aufmerksamkeit bei deinem Kind zu bleiben, wenn dir die Reaktionen anderer unangenehm sind. Das ist Übungssache und wird mit jedem Mal besser klappen. Unsere Gehirne sind durch Spiegelneuronen miteinander verbunden. Wenn wir Ruhe ausstrahlen, hilft das auch unserem Kind. Vor allem aber können wir unser Kind nicht liebevoll begleiten, wenn wir selber wütend sind.
Mache dir deine eigenen Gefühle bewusst, um ihnen den Druck herauszunehmen/ den Schrecken zu nehmen („Oh man, ich bin gerade echt traurig, weil ich mir Leichtigkeit wünsche. Ich bin enttäuscht, weil ich mir den Abend anders vorgestellt habe.“) Das macht dir klar, worum es DIR gerade eigentlich geht (und dass es gar nichts mit deinem Kind zu tun hat, sondern mit deinen eigenen Erwartungen) und es kann dich schon erleichtern, weil du dich selber wahrgenommen hast, dir zugehört hast, du deine eigenen Gefühle nicht einfach übergangen hast.
Gehe auf Augenhöhe, auch physisch, setzte dich zu deinem Kind, höre zu, bewerte nicht, versuche, dich in dein Kind einzufühlen. Ein zerbrochener Keks ist für dich vielleicht kein Drama, für dein Kind kann es gerade den Weltuntergang bedeuten, und es fühlt das auch genau so! Es ist verzweifelt und sieht gerade keinen Ausweg. Wenn wir die Gefühle unseres Kindes also herunter spielen („Ist doch nichts passiert! / Es ist doch nur ein Keks, stell dich nicht schon wieder so an.“), lernt es, dass es falsch ist, wie es fühlt. Dass diese starken Gefühle ja nicht richtig sein können, wenn Mama oder Papa sie derart runter spielen. Das mag dir bei einem zerbrochenen Keks noch relativ banal vorkommen, bleiben wir allerdings in dieser Haltung, wachsen unsere Kinder mit dem Bewusstsein auf, dass sie falsch sind, ihre Gefühle nicht wichtig und dass es total ok ist, wenn sie einfach übergangen werden, auch von anderen Menschen.
Biete Körperkontakt an, durch die körperliche Nähe wird das Hormon Oxytocin freigesetzt, welches beruhigend wirkt und Stress reduziert. Nicht alle Kinder mögen jedoch Körperkontakt, während sie wütend sind, deshalb frage unbedingt vorher nach und respektiere die Entscheidung des Kindes, auch, wenn es sich für dich komisch anfühlt. Warte, bis es dazu bereit ist.
Zeige Verständnis, durch Worte und Körperhaltung, nimm das Problem deines Kindes ernst, beschreibe, was du wahrnimmst: („Du bist traurig/ wütend, weil dein Keks zerbrochen ist.“), wiederhole es in kurzen Worten, spiegele die Stimmung deines Kindes: du bist traurig (traurige Stimmlage, trauriges Gesicht) du bist wütend (ärgerliche Stimmlage, ärgerliches Gesicht), tue dies allerdings in Maßen, nicht übertrieben, so dass dein Kind auf keinen Fall das Gefühl bekommt, du machst dich über es lustig. Variiere immer ein bisschen mit der Intensität, mit der du spiegelst und du erhältst schnell ein Gefühl dafür, welche bei deinen Kind angebracht ist.
Wenn dein Kind wieder ruhiger und ansprechbar geworden ist, versuche, eine gemeinsame Lösung zu finden. Am Beispiel des Kekses ist es einfach, wenn wir noch einen weiteren dabei haben, den wir unserem Kind anbieten können.
Häufig ist die Lösung aber nicht so leicht und wir müssen kreativ werden:
Du möchtest nach Hause, dein Kind noch auf dem Spielplatz bleiben: Worum kann es deinem Kind gehen? Möchte es noch X-mal Rutschen/ Schaukeln und dann erst gehen? Möchte es weiter spielen? Können wir zu Hause/ auf dem Heimweg weiterspielen/ ein Spiel aus dem Heimweg machen (Gehwegplatten hüpfen, nicht die Linie berühren) Ist es hungrig, mag es zuerst etwas essen? Müssen wir wirklich schon gehen oder können wir etwas am Tagesplan ändern, so dass der Übergang in einer halben Stunde vielleicht leichter fällt?
Dein Kind möchte unbedingt ein Eis, du siehst das anders: Was siehst du anders? Hatte es schon eins? Sind dir zwei Eis Zuviel? Hast du Angst, dass es dann kein „vernünftiges“ Mittagessen mehr isst? Hast du Angst um seine Zähne? Ist das Geld bei dir gerade knapp und dir das Eis zu teuer?
Sag das. Finde Lösungen für deine Bedenken. Hast du Angst, dass es gierig wird, wenn du das zweite Eis kaufst? Könnt ihr vorher etwas (in deinen Augen) Vernünftiges essen, bevor das Eis dran ist? Könnt ihr nach dem Eis Zähne putzen? Ist es wirklich zu teuer oder holst du dir gleich einen Cappuccino für das doppelte ;-)?
Unsere Möglichkeiten sind so vielfältig und individuell. Wir dürfen da echt kreativ werden und mit mehr Sanftmut auf unser Kind schauen, immer im Hinterkopf, dass es nie etwas GEGEN uns tut, sondern immer etwas FÜR sich.
Oft hilft auch schon, vor allem da zu sein und zu versuchen, die Situation einfach anzunehmen. Dem Kind (auch nonverbal) zu signalisieren, dass wir da sind und die Situation zusammen durchstehen. Das bietet sich vor allem dann an, wenn wir noch nicht so geübt in den oben genannten Abläufen sind oder gerade einfach keine eigenen Ressourcen mehr dafür haben.
Das passiert, wenn du die Gefühle deines Kindes langfristig übergehst…
Wenn wir in der Haltung verharren, dass ein zerbrochener Keks kein Drama wert sei und die Gefühle unseren Kindes langfristig übergehen, kann das im Erwachsenenalter negative Auswirkungen auf ihre psychische Gesundheit und ihr Wohlbefinden haben.
Einige mögliche Konsequenzen sind:
Schwierigkeiten bei der Emotionsregulation: Wenn dein Kind lernt, dass seine Gefühle nicht wichtig sind oder nicht ernst genommen werden, kann es später Schwierigkeiten haben, seine Emotionen zu regulieren. Dies kann zu einer erhöhten emotionalen Instabilität und einer geringeren Fähigkeit führen, stressige Situationen zu bewältigen.
Schwierigkeiten in Beziehungen: Wenn dein Kind nicht lernt, seine eigenen Emotionen zu verstehen und zu regulieren, kann es später Schwierigkeiten haben, gesunde Beziehungen aufzubauen und aufrechtzuerhalten. Es kann auch dazu führen, dass es Schwierigkeiten hat, die Emotionen anderer Menschen zu verstehen und darauf angemessen zu reagieren.
Negative Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl: Wenn dein Kind nicht lernt, dass seine Gefühle wichtig sind und dass es das Recht hat, sie auszudrücken, kann das zu einem geringen Selbstwertgefühl und einem Gefühl der Unwichtigkeit führen.
Schwierigkeiten bei der Konfliktlösung: Wenn dein Kind nicht lernt, wie es seine eigenen Gefühle ausdrücken und auf die Bedürfnisse anderer eingehen kann, kann es später im Leben Schwierigkeiten haben, Konflikte auf eine gesunde Weise zu lösen.
Üben, üben, üben…
Für unser Kind ist es wichtig, dass es seine Wut auch körperlich ausdrücken darf. Du kannst deinem Kind dabei helfen, gesunde Strategien dafür zu finden, indem du ihm verschiedene Möglichkeiten dafür anbietest.
Emotionale Entladung: Kinder erleben starke Emotionen, und Wut ist eine natürliche Reaktion auf Frustration und Ärger. Wenn sie ihre Wut nicht physisch ausdrücken können, kann sich diese Emotion in ihnen aufstauen, was zu innerer Anspannung und emotionalen Problemen führen kann. Das Ausleben der Wut ermöglicht eine gesunde emotionale Entladung.
Körperbewusstsein: Wenn Kinder ihre Wut auf körperliche Weise ausleben, entwickeln sie ein besseres Bewusstsein für ihren eigenen Körper und ihre Gefühle. Dies fördert die emotionale Intelligenz und hilft ihnen, ihre Emotionen besser zu verstehen und zu kontrollieren.
Stressabbau: Das körperliche Ausleben von Wut kann Stress abbauen und eine sofortige Erleichterung bieten. Es hilft dabei, die körperlichen Auswirkungen von Wut, wie erhöhten Herzschlag und Spannung, zu reduzieren.
Als Eltern ist es unsere Aufgabe, unseren Kindern dabei zu helfen, ihre Emotionen zu verstehen und zu bewältigen. Nachfolgend findest du einige Übungen, die du mit deinem Kind außerhalb der Wutanfälle durchführen kannst, um ihm (und dir) durch diese herausfordernde Zeit zu helfen. Übe alternative Wutstrategien mit deinem Kind (Wutkissen, auf den Boden stampfen, gefahrlose Dinge werfen, in eine Wutbox schreien, Papier/ Karton zerreißen und werfen).
Je nach Alter des Kindes kannst du auch verschiedene Strategien zur Selbstregulation seiner Gefühle mit deinem Kind üben:
Ab 1 Jahr: Mit dem Fuß auf den Boden stampfen, die Faust ballen, laut „Nein“ rufen, generell lautes Schreien entspannt ebenfalls. Da das für uns meist nicht so angenehm ist, lohnt es sich, dämpfende Alternativen zu finden (wie in ein Kissen oder Kuscheltier schreien, den Ärmel zu benutzen)
Es gibt Bücher über Wut, die wir mit unserem Kind lesen können, um ihm zu signalisieren, dass Wut total ok und willkommen ist und um ihm zu helfen, wie man mit ihr umgehen kann. Meine Tochter liebt dieses hier (*).
Ab 2 Jahren: Hier können wir beginnen, Gefühle mit dem Kind zu besprechen. Es gibt bereits fertige Karten mit den verschiedensten Gesichtsausdrücken (*) , du kannst aber mit deinem Kind auch selbst welche erstellen. Ihr könnt gemeinsam verschiedenste Gesichtsausdrücke vor dem Spiegel üben (oder eben auch fotografieren und ausdrucken).
Dabei guckt ihr mal zornig, ängstlich, traurig, freudig, überrascht… Es lohnt sich, sich vorab selbst mit den verschiedensten Gefühlen auseinander zu setzen, oft nutzen/ kennen wir selbst nur eine kleine Auswahl der Gefühle, die wir eigentlich in der Lage sind zu fühlen bzw. können nicht alle auch immer direkt benennen. Mir haben Gefühlslisten (meist findest du sie unter GfK-Gefühls- und Bedürfnislisten im Netz) da sehr geholfen.
Auch ist es wichtig, nach dem Gefühlssturm (Wut, Angst, Enttäuschung, aber auch Freude) mit deinem Kind zu besprechen, wie es sich in seinem Inneren angefühlt hat bzw. welche Signale es bei seinem Körper bemerkt hat. Das können sein: Weinen, Zittern, erhöhte Herzfrequenz, also Herzklopfen, Schwitzen, Röte im Gesicht, Kribbeln im Bauch, Lachen, das Bedürfnis, den Körper zur Hilfe zu nehmen: also Hauen, Schreien, Treten oder etwas werfen.
Eine schöne Übung zur Entspannung ist die Tee-/ oder Kakao-Atemübung, die du gemeinsam mit deinem Kind machen kannst. Ihr stellt euch vor, dass ihr eine Tasse heissen Tee oder Kakao in euren Händen haltet. Dessen angenehmen Duft atmet ihr tief und lang durch die Nase in den Bauch ein. Zum Trinken ist er allerdings noch ein bisschen zu heiss, so dass ihr ihn lang und langsam mit dem Mund kühler pustet. Dies wiederholt ihr ein paar Mal. Die tiefen Atemzüge wirken entspannend und beruhigend. Schön daran ist, dass sie auf euch beide wirken und ihr so gemeinsam wieder etwas ruhiger werdet.
Weitere Möglichkeiten, die du mit deinem Kind ausprobieren kannst, sind:
Bewegung und körperliche Aktivität: Durch Hüpfen, Springen, Tanzen, Schütteln, Rennen oder Bewegungsspiele können Kinder ebenfalls ihre Gefühle regulieren und ihre Energien abbauen lernen.
Malen, Zeichnen, Basteln können ebenfalls als Strategien genutzt, werden, um zu entspannen oder um Gefühle und Stimmungen auszudrücken.
Positive Selbstgespräche: Ältere Kinder können lernen, sich selbst positive und ermutigende Worte zu sagen, um sich im Akutfall nicht immer weiter in die Wutspirale hineinzudenken und um langfristig ihr Selbstbewusstsein und ihr Wohlbefinden zu stärken.
Kinder können Entspannungsübungen wie Progressive Muskelentspannung oder Yoga ausprobieren, um ihre Gefühle zu regulieren. Zum Ausprobieren findest du dazu viele kostenlose Videos bei z. B. YOUTUBE oder diese Yoga-Karten. (*)
Positives Denken: Kinder können lernen, eine positive Grundeinstellung zu entwickeln (bzw. besitzen sie diese ab Geburt, wir müssen eigentlich nur Sorge dafür tragen, dass sie auch erhalten bleibt) und an ihre Stärken und Fähigkeiten zu denken, um Stress und negativen Gefühlen entgegenzuwirken. Es gibt auch tolle Affirmationskarten (*) mit stärkenden Sätzen extra für Kinder, die du dafür nutzen kannst.
Immer wiederkehrende Konflikte kannst du auch wunderbar in Rollenspiele einbauen. Kindern fällt es deutlich leichter, über unangenehme Dinge zu sprechen, wenn dies spielerisch verpackt wird. Sie schlüpfen in andere Rollen und die Figur, die es gerade spielt, kann verschiedene Lösungsmöglichkeiten ausprobieren. Sie erhalten Raum, um ihre Perspektiven und Ideen einzubringen. Nach dem Spiel könnt ihr durch Fragen wie: „Was hat gut funktioniert? Was nicht? Was kann ich anders machen? Welche Lösung war besser als eine andere?“ neue Verhaltensmöglichkeiten besprechen. Diese müssen natürlich auch erst wieder geübt werden. Gebt euren Kindern Zeit, neue Lösungen auszuprobieren und besprecht diese immer wieder mit ihnen, ohne die Erwartung, dass das Besprochene auch direkt umgesetzt werden muss.
Was kannst du für dich tun?
Atmen: Tiefes in den Bauch atmen holt dich gedanklich ins Hier und Jetzt zurück und beruhigt auf körperlicher Ebene dein Nervensystem. Atme dabei immer länger aus als ein.
Die Perspektive wechseln: Versuche, dich in dein Kind hineinzuversetzen, zu verstehen, was deinem Kind gerade wichtig ist und herauszufinden, wie de es dabei unterstützen kannst, selbst zu schaffen, was es sich gerade vorgenommen hat.
Wissen: Dein Kind tut das Beste, was es nach seinem physischem und kognitiven Entwicklungsstand gerade tun kann. Vertraue darauf, dass es mich nicht ärgern möchte, sondern in Not ist und liebevolle Hilfe und Zuwendung von dir benötigt.
Mache dir deine eigenen Gefühle bewusst: „Warum bin ich so aufgebracht, wenn mein Kind einen Wutanfall hat? Welche (alten) Gefühle kommen da in mir hoch?“ Mache dir bewusst, dass sie nichts mit deinem Kind zu tun haben, sondern alte, nicht verarbeitete Erlebnisse von dir sind. Wo hast du dich in ähnlicher Situation damals als Kind vielleicht nicht gesehen gefühlt?
Schärfe dein Bewusstsein für die kognitiven Fähigkeiten deines Kindes: Was kann es schon? Was kann es nicht? Es ist viel leichter, eine Konfliktsituation liebevoll durchzustehen, wenn du weißt, dass dein Kind dich nicht mit seinem Verhalten ärgern möchte, sondern dass es einfach gerade nicht anders handeln kann.
Wie kannst du dir den Alltag mit deinem Kind in der Autonomiephase erleichtern?
Zunächst einmal solltest du im Hinterkopf behalten, dass Kinder immer kooperieren wollen. Sie wollen niemals einen Machtkampf beginnen oder dich im Griff haben, sie sind stets auf der Suche nach Zuwendung. Nun kann es allerdings sein, dass die Kooperationsbereitschaft deines Kindes im Laufe des Tages aufgebraucht ist, durch Kita, fixe Termine, Dinge, bei denen dein Kind nicht viel mitentscheiden konnte.
Sieh dir euren Alltag an und schau, wo du vielleicht etwas ändern kannst. Ist dein Kind nach der Kita erschöpft? Plane keine direkten Termine im Anschluss. Was braucht es nach der Kita? Kuschelzeit? Einen Spaziergang durch die Natur? Finde heraus, wodurch es im Alltag entspannen kann und plane dies nach der Kita ein.
Plane für alles mehr Zeit ein: Dein Kind möchte sich gerade nur noch selbst anziehen? Das Müsli alleine machen? Unterstütze es dabei, indem du mehr Zeit für euch einplanst. Das kann erstmal herausfordernd wirken in deinem eh schon straff geplanten Alltag, aber sei dir gewiss, es bleibt nicht immer so. Es wird auch wieder anders werden und du unterstützt dein Kind auf dem Weg zu seiner Selbständigkeit. Davon profitierst dann letztendlich auch du, denn wenn die Bedürfnisse deines Kindes erfüllt sind, hat es auch wieder Ressourcen, um mit dir zu kooperieren. Und alles, was es jetzt übt, wird es auch später mal alleine tun können.
Verschaffe dir Pausen zum Durchatmen: Die Autonomiephase ist emotional herausfordernd, für Eltern und Kind. Baue dir kleine Inseln in den Alltag ein, in denen du dir das Gefühl gibst, etwas für dich zu tun. Erstelle dir eine Liste mit Dingen, die du in 5/10/15/30/60 Minuten freier Zeit für dich tun kannst, damit du, wenn du kurz Zeit hast, nicht erst groß darüber nachdenken musst. Wenn du keine freie Zeit alleine hast, überlege, was dir mit Kind zusammen gut tut. Auch da wird es Dinge geben, die dich entspannen. Finde sie heraus.
Ein oder mehrere Kinder (egal welchen Alters) über den Tag hinweg in ihren Gefühlen zu begleiten ist eine hochemotionale Arbeit, die von Außen nicht ersichtlich ist. Oft wissen wir selbst am Abend nicht genau, wieso wir völlig erschöpft sind, obwohl wir doch „nichts grossartig“ gemacht haben. Deswegen ist es so wichtig, dass du dir Pausen schaffst. Elternschaft ist wie ein Marathon, den wir nur gut und gesund schaffen können, wenn wir mit unseren Ressourcen haushalten, unsere Grenzen kennen und für uns selbst sorgen können. Und dazu gehört auch, um Hilfe zu bitten, wenn wir alleine nicht weiterkommen.
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